Kapitel 1 - Leben in vollen Zügen

rang sich ein gequältes Lachen ab. Mit der Gegenfrage, woher er sein Wissen habe, etwa aus seinem Privatharem, versuchte sie die Situation zu überspielen, was aber die Männer und Arnulf nicht merkten oder nicht merken wollten.

»Leider nicht, Frau Sagarra, aber das können Sie nachlesen, in den Märchen aus Tausend und einer Nacht. In Ausgaben für Kinder tragen die Haremssklavinnen Schleier und lange, wallende Gewänder; in denen für Erwachsene sind sie unverschleiert und nackt. Das müssen wir aber jetzt nicht vertiefen. Wir sollten bald gehen; in ein paar Minuten fährt unser Zug.«

Er kaufte zum Schluss schnell noch für einen sündhaft teuren Preis sechs Mangostane und schenkte sie ihr. Warum ist sie plötzlich so schweigsam?, überlegte er. Seit sie im Zug saßen, war Gloria irgendwie verändert. Während er noch rätselte, was der Grund für ihren Stimmungsumschwung sein könnte, herrschte sie ihn an:

»Das war aber eben sehr unsensibel von Ihnen, Herr Hülferich. Mussten Sie diesen dummen Witz über die Haremssklavinnen machen? Damit haben Sie alles vermasselt und mir die Laune verdorben. Dabei war es an dem Stand sehr interessant. Schade. Haben Sie bemerkt, wie die Verkäufer gegrinst haben? Merken Sie sich ein für alle Mal: Mit solchen Scherzen kann ich nicht umgehen.«

Arnulf protestierte, sagte, so stehe das in der Märchensammlung, und die Ausgaben, die in Deutschland erhältlich seien, seien gereinigte Editionen für Kinder. In Wirklichkeit strotze die Sammlung vor praller orientalischer Erotik.

Das sei ihr völlig egal, entgegnete sie. Entweder er akzeptiere ihre Meinung oder sie zöge sich zurück. Mit dem Hinweis, er habe jetzt die Wahl, beendete sie das Gespräch und reagierte auch nicht auf weitere Smalltalk-Versuche.

Die Verabschiedung in Heppenheim war kurz und kühl. Immerhin schrieb sie ihm am nächsten Tag eine Mail und bestätigte, dass die Mangostane wirklich phantastisch geschmeckt hätten. Leider hätten das ihre Eltern mitbekommen und auch probiert, worüber sie überhaupt nicht begeistert gewesen sei. Allerdings ändere das alles nichts an ihrer Kritik seines Verhaltens bezüglich des dummen Haremsscherzes. Daran wolle sie unbedingt noch mal deutlich erinnern.